Der etwas andere Tourenverlauf - Schwarzenberg, Eigental, Schwarzenberg

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Der etwas andere Tourenverlauf - Schwarzenberg, Eigental, Schwarzenberg

      "Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen…" So soll es einst der deutsche Dichter Matthias Claudius gesagt haben. Unrecht hatte er nicht, wie ich finde...

      Das Eigental wollte ich schon lange Mal besuchen und so lade ich "Spatz", wie ich mein Velo in Kurzform getauft habe, ins Auto und fahre hoch nach Schwarzenberg. Am Parkplatz angekommen ist es kühl. Die Tageszeit ist bereits etwas fortgeschritten, für die geplante Tour. Dem geschuldet, könnte sich das Ganze etwas zu einem Rennen gegen die Zeit entwickeln. Nicht trödeln, sondern vorwärtsmachen! Ich wechsle die Schuhe und montiere das Vorderrad wieder an der Gabel. Spatz hätte sonst nicht ins Auto gepasst. Helm auf, Rucksack umgeschnallt und Handschuhe an, so schwinge ich mich aufs Bike, folge der geplanten Route auf dem Navi am ARA vorbei und nehme die erste Steigung in Richtung Stäfeli in Angriff. Jetzt, in der ersten Steigung, ist es warm und ich beginne alsbald zu schwitzen.


      In der ersten Steigung


      Zwischen Wassermoos und Langenmöösli biege ich von der geteerten Strasse links in Richtung Ober Spächte ab und tauche dann in den Bawald - einen wunderschönen Zauberwald - ein, wo ich den Gisel- und den Gällemööslibach überquere und ein Stück weit dem wohl traumhaftest eingebetteten Vita Parcours folge, den ich bis heute zu Gesicht bekommen habe. Bis dahin bin ich mutterseelenallein unterwegs. Kurz vor Meiestoss verlasse ich den Bawald wieder. Nun wird der Blick auf den frisch verschneiten Pilatus frei. Der Herbst liefert ein tolles Farb-Menü und lässt mich den zweiten Aufstieg der Tour in Richtung Meiestoss geniessen. Nach dem Parkplatz Linden folge ich dem asphaltierten Würzelrain entlang des Rümlig bis nach Buechstäg. Dann quere ich den Bach erneut, weil mir der Weg zur Alpwirtschaft Unterlauelen auf der Karte spannender erschien. Es ist zwar ein kleiner Umweg, aber er lohnt sich! Der Naturweg ist topographisch einfach spannender als der Würzelrain. Mit dem Fully ist er gut zu fahren und bietet keine besonderen Hindernisse.


      Kurz vor dem Bawald


      Im Bawald: hier der Giselbach


      Kurz vor Meiestoss mit schneebedecktem Pilatus


      Die Alpwirtschaft Unterlauelen


      Nach der Alpwirtschaft folge ich erneut der Würzelrain-Strasse, vorbei an Warnwestenträger in Orange. Wo sind deren Motorräder? Für einmal sind es keine Motorradfahrer, die grell auf sich aufmerksam machen. Es sind Jäger. Ich komme zum Schluss, dass das Wild farbenblind sein muss, denn das Orange ist durch den Wald bereits von weitem zu sehen.
      Der Schatten des Pilatus-Ausläufers hat mich erfasst und es wird richtig kalt. Ich bin allein auf weiter Flur und trete beständig den untersten Gang. Die Gedanken drehen sich mit gleicher Kadenz um die zunehmende Kälte.
      Bei Kilometer 12 der Tour zieht die Strasse an und es wird richtig steil. Komoot meint, dieser Abschnitt böte eine Steigung von bis zu 21%. Gerade jetzt, mitten im Aufstieg! Der Schweiss tropft fast schon im Sekundentakt unter dem Helm hervor aufs Bike runter und ich habe alle Hände voll zu tun, dass mir dieser nicht in die Augen gelangt. Ich fahre Schlangenlinie. So ein Mist! Meine Energie lässt wie im Sturzflug nach, und ich bin gezwungen, im steilsten Stück der Tour eine Pause einzulegen. Die Frage nach dem Sinn solcher "Unternehmungen" erscheint mir mehrfach vor dem geistigen Auge in Form von Pop-up-Fenstern - wie beim PC, wenn was nicht so tut, wie es sollte. Erst jetzt merke ich es: verschwitzt dampfe ich in der Kälte des Schattens im wahrsten Wortsinn vor mich hin. Ich lege einige "Briketts" in Form zweier Bananen, eines Apfels und eines selbstgemachten Sandwichs nach und spüle das Ganze mit einer Halbliterflasche Mineralwasser runter. Wieder in die Gänge zu kommen, fällt mir schwer. Abwechselnd fahre und stosse ich das Bike der steilen Strasse entlang hoch, immer das Ziel vor Augen, oben wieder in der Sonne stehen zu können.


      Pause machen und "Briketts" einlegen


      Endlich ist es so weit: Die Alp Trochenmatt befindet sich (noch) im Sonnenschein. Von "trochen" kann aber keine Rede sein. Der Weg führt ab jetzt ein Stück weit als holperige Naturstrasse und im Anschluss nur noch als imaginärer Pfad über die vom ersten Schnee und dessen Wasser getränkte, grüne Matte dem Trochenmattsattel entgegen. Gegenüber den vorangegangenen Strapazen gleicht das Hochfahren über die flauschig weiche Matte eher einem Dahingleiten. Ab und zu hört man das Wasser, unter den Rändern im weichen Untergrund, wie es verdrängt wird, ansonsten ist es mucksmäuschenstill. Die Sonne wärmt wohltuend und lässt die Szenerie auf dem Trochenmattsattel (1455 m.ü.M.) unterhalb des Mittagsgüpfis (1917 m.ü.M.) mit seinem gemauerten Not-Unterstand in intensiven Herbstfarben leuchten. Notiz an mich: Genau deshalb macht man das!


      Im Sonnenschein: die Alp Trochenmatt


      Bei der Alp Trochenmatt


      Flauschig weiche Matte: Im Hintergrund Pilatus, Tomlishorn und Widderfeld


      Flauschig weiche Matte: Im Hintergrund Mitaggüpfi mit Notunerstand


      Endlich auf dem Trochenmattsattel (1455 m.ü.M.)

       

      ^^
    • Es folgt die erste Abfahrt über eine, mit vielen faustgrossen Steinen übersäte Schotterstrasse. Die Freude wird jedoch bei einer Weggabelung jäh unterbrochen. Das Navi meint links abbiegen! Wie jetzt, da über eine gleichartige "Rumpelpiste" hoch, wie ich gerade runtergefahren bin? Erneut erscheint ein imaginäres Pop-up-Fenster: "Selber schuld! Du hast die Tour selbst geplant." Ich wäge kurz ab, denn der Tag ist bereits fortgeschritten, was in den Bergen schnell mit Schatten und Kälte einhergehen kann. Viel Zeit für ein "experimentelles" Biken bleibt somit nicht, zumal ich mich erst in der Hälfte der geplanten Route befinde. Die Neugierde obsiegt, und ich befinde mich erneut - diesmal im holperigen - Aufstieg. Es sind zwar nur 130 Höhenmeter zu absolvieren, aber der holperige und lose Untergrund des Schotterweges kostet viel Kraft. Oben angekommen bin ich froh, dass ich es geschafft habe. Nun komme ich in den Genuss einer erneuten kurzen Abfahrt, ehe mich das Navi auf 1420 m.ü.M. zum Rechtsabbiegen auffordert. Die steile Abfahrt erfolgt über einen schmalen Trampelpfad, praktisch der Falllinie entlang, den Abhang runter. Anfangs noch halbwegs trocken, entpuppt sich der Abstieg zur regelrechten Schlammschlacht. Die runden, schräg über den steil abfallenden Weg führenden, ca. 15-20 cm dicken Holzstämme, die das Wasser kanalisieren sollen, die sind allesamt tiefendurchnässt, glitschig wie Glatteis und lassen die Räder seitlich nach links weggleiten. An ein Runterfahren ist nicht zu denken. Ich steige ab und stosse Spatz, der mit bürgerlichem Namen eigentlich "Dreckspatz" heisst, den Weg runter, vorbei an Matsch, Wasserlachen und über die sich immer wieder wiederholenden, eisglatten Holzstämme. Die Konsultation des Navis ergibt, dass diese Sektion noch lange andauern würde und eine Beschreibung auf Komoot während der Planung hatte was von einem nassen Flow Trail berichtet. Nass ja, Flow nein! Nach gut 150 Metern des nassen und steilen Abstiegs erscheint erneut ein Pop-up-Fenster mit leicht hämischem Unterton: "Der Junge aus der Vorstadt - adrett gekleidet - trägt natürlich Velo-Halbschuhe. Solche, die zwar mit halbwegs brauchbarem Profil daherkommen, das Wasser und den Schlamm aber mitnichten aufzuhalten vermögen!" Ok, ich habe es kapiert! Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit gebe ich im Navi den Ausgangsort ein und lasse die Route berechnen. Unter Zähneknirschen wende ich und stosse Dreckspatz 150 Meter den Matschweg hoch, aus dessen Richtung ich gekommen bin. Glücklicherweise muss ich nicht bis zur Schotterpiste auf 1420 m.ü.M. zurück. Das Navi meint, ich könne bei einer Verzweigung links halten und den Trampelpfad durch bewaldetes Gebiet in östlicher Richtung hochgehen. Gesagt getan, wobei "Gehen" trifft den Sachverhalt nicht genau und an ein Fahren ist nicht zu denken. Es gilt, nasse Füsse zu vermeiden und so "tänzle" ich mal um den Matsch und manchmal auch um Spatz, weil das Dickicht und die steile Hanglage dies erfordern. Auch der Versuch, in einem etwas flacheren Teilstück loszufahren lässt das Hinterrad nur durchdrehen. Also wieder absteigen und weiterschieben. Wie war das noch mit dem "experimentellen" Biken?


      Dies ist nur der Vorgeschmack, vom Matsch im Steilhang fehlen aus Frust die Fotos.


      Links: Bei der Abzweigung / Mitte und rechts: An ein Fahren ist nicht zu denken.


      Blickrichtung Ost: Rechts im Hintergrund eines der Windräder (evtl. Feldmoos) an der schönen Töffstrecke bei Rengg


      Auf der Risetenegg auf 1404 m.ü.M. angekommen, wird es wieder flacher und in nord-östlicher Richtung eröffnet sich mit der Waldlichtung das Quellgebiet des Giessbaches. Ich sitze wieder auf und fahre los. Der Weg, der sich mir nur schemenhaft zeigt, ist eigentlich gar keiner und ich verfahre mich erneut. Das Dickicht stoppt mich und zwingt mich zur Umkehr. Stichwort "experimentelles" Biken! Navi konsultieren! Ok, der Weg ist gefunden und liegt da unten. Nun fahre ich quer den Abhang runter über die Wiese und über die darin liegenden natürlichen Wasserrinnen des Quellgebietes. 140, respektive 150 mm Federweg machen diese Offroadpassage zum Kinderspiel. Hierhin gelangen auch die Sonnenstrahlen wieder und tauchen die wasserfassende Gegend mit ihren Findlingen und den vereinzelt dastehenden Baumgruppen in ein warmes Vorabendlicht. Der eigentliche Weg liegt unter dem Gras verborgen und gibt die Richtung nur weichgezeichnet wieder. Sagenhaft, diese Stimmung. Einfach nur traumhaft! Einmal mehr werde ich für die vorangegangenen Mühen mit einer wunderschönen Natur und einer weichen Abfahrt belohnt! Erneute Notiz an mich: Genau deshalb macht man das!


      Waldlichtung bei der Risetenegg auf 1404 m.ü.M.


      Im Quellgebiet des Giessbaches


      Kurz vor Ober Stäfeli mache ich einen Fotohalt. Ein Hund hat mich herannahen gehört und bellt. Er wird vom Besitzer zurückgepfiffen und ich fahre unbehelligt zwischen den beiden Gebäuden durch. Etwas weiter unten, zwischen Ober Stäfeli und Under Stäfeli wechsle ich mit einem Jäger, dessen Ellenbogen auf dem Autodach aufgestützt sind und der durch den Feldstecher hoch zur Stäfeliflue schaut, einige Worte. Er meint, es wären Steinböcke zu sehen. Von blossem Auge kann ich nichts erkennen.
      Bei Under Stäfeli mache ich nochmals einen Fotohalt und lasse die abendliche Herbstszenerie noch einmal auf mich wirken. Die Abfahrt liegt vor mir und es wird trotz Sonnenstrahlen wieder merklich kühler. Gemäss Navi soll ich nach Under Stäfeli rechts und gleich wieder links abbiegen. Gesagt, getan. Eigentlich hätte ich die Fahrverbotstafel vom Foto-Spot her sehen sollen. Da es nicht weit ist, kehre ich um und fahre der asphaltierten Strasse folgend in Richtung Schwarzenberg runter. Im oberen Bereich gilt es nur, den vielen Schlaglöchern auszuweichen. Da ich mich wegen meines Tempos auf die Strasse konzentrieren muss, bleibt mir von der nahen, umliegenden Landschaft nicht so viel in Erinnerung. Safety first, so die Devise. Weiter unten schleicht ein als SUV getarntes U-Boot die Strasse runter und trübt mit dessen Schleichfahrt meinen Flow. Auf dem einspurigen Bergsträsschen will ein Überholmanöver gut überlegt sein. Der breite Lenker des Bikes lässt keine Korrekturen zu. Zwischen Chüeffershütte und Gustihütten ergibt sich nach einer Kurve auf einer Geraden die Gelegenheit sich links am SUV vorbeizudrücken. Wie gesagt, viel Platz bleibt nicht. Die hohe Güte des Fahrwerkes macht sich einmal mehr bezahlt. Die Unebenheiten des Fahrbahnrandes werden sehr gut absorbiert und auch dieses Manöver wird zum Kinderspiel. Ich lasse Das Auto hinter mir und geniesse den Rest der rasanten Abfahrt. Es bleibt mir sogar die Zeit, einen Fotohalt einzulegen und Schwarzenberg im vorabendlichen Sonnenlicht festzuhalten, ohne dass ich wieder überholt werde.


      Fotohalt bei Under Stäfeli: Im Hintergrund die Stäfeliflue


      Allgemeines Fahrverbot vor Enetstäfeli


      Die Region um das Eigental ist allemal ein Ausflug wert! Ich hätte gerne noch den Rest der Route entdeckt, wobei ich ungeplant eine Gegend entdecken durfte, die ich mit Bestimmtheit wieder aufsuchen werde. Das nächste Mal vielleicht mit den Schneeschuhen. In diesem Sinne: Nach der Tour, ist vor der Tour!


      Fotohalt mit Blick auf Schwarzenberg (Mitte) und Lifelen (rechts)


      Effektiv gefahrene Tour

       

      ^^

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Wake ()